Newsletter 1/2024 - Vertrauen
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Februar 2024
F
rüh, heute Morgen,
sah ich die Rose zittern
am Balkongeländer...
und sie wusste nichts
vom Gold der Sonne,
das bald die Berge
in Glühen tauchen würde...
Und trotzdem war sie
Schönheit und Heiterkeit,
der Kälte ergeben
als Geschenk für den neuen Tag,
der sie belohnen wird
für ihr Vertrauen!
Ach, könnt’ ich wie die Rose sein:
Ohne Zögern, ohne Zagen
ohne Zweifel und ohne Fragen
mich öffnen der Welt
die Kälte mit Duft erfüllen,
das Grau mit meiner Farbe...
und mit Heiterkeit dein Sein berühren(1)
Vertrauen ist keineswegs blind, wie man zu sagen pflegt.
Im Gegenteil ist der Zustand des Vertrauens der einzige,
aus dem heraus man klar sehen kann.
Samuel Widmer Nicolet
Liebe Leser
Hier kommt der erste Newsletter im neuen Jahr! Schon sechs Jahre schicke ich euch alle zwei Mo-nate Samuels Weisheiten zu Themen, die mich oder mein Umfeld grad beschäftigen. Das Zusam-menstellen von Texten ist immer eine grosse Freude und eine wertvolle Gelegenheit, meine Refle-xionen zum jeweiligen Thema zu vertiefen und gleichzeitig «Rat» bei Samuel zu holen. Diesmal zum Thema «Vertrauen».
Vor ein paar Wochen fragten wir uns am Mittagstisch, wem man wirklich ganz vertrauen kann.
Früher hätte ich, ohne zu zögern, auf diese Frage geantwortet: Niemandem! Mittlerweile ist mein Schwarz-weiss-Denken etwas grauer geworden, meine Alles-Oder-Nichts-Einstellungen etwas aufgeweicht, und ich habe vor allem von Samuel und Danièle gelernt, dass man Menschen durch-aus auch «punktuell» vertrauen kann. Zum Beispiel ist jemand total zuverlässig und vertrauens-würdig in der Arbeit, auf andere kann man zählen, wenn man sich in Schwierigkeiten befindet, mit den wenigsten würde man eine Familie gründen, usw…
Meine Freunde und ich stellten uns allerdings die schwierige Frage nach dem «ultimativen» Ver-trauen. Wer würde in jedem, aber wirklich in jedem Fall zu mir stehen, vielleicht sogar auf Kosten der eigenen Sicherheit, des eigenen Rufs, der eigenen Freiheit? Und… bin ich «ultimativ» vertrau-enswürdig?
«Schwierige» Fragen, würde sie Samuel nennen... Was ich sicher weiss, ist, dass ich dem Leben und meinem Gefühl vertraue. Aber vor allem, vertraue ich der Liebe. «Ultimatives» Vertrauen gibt es nur dort, wo auch die Liebe ist, die wahre und unverbrüchliche. Tja, da diese nicht an jeder Ecke zu finden ist, ist auch das «ultimative» Vertrauen ein seltenes, kostbares Gut.
Ich habe bei meinen Überlegungen auch bemerkt, dass ich nur jemandem ganz vertrauen kann, der durch und durch ehrlich und wahrhaftig ist. Interessant fand ich dann, herauszufinden, dass das Wort Wahrheit aus dem althochdeutschen «war» im Sinne von „vertrauenswürdig» stammt. Wahrheit, Vertrauen, Treue, alles in etymologischen Schlangen verwoben.
Bin ich, bist du vertrauenswürdig? Eine spannende Selbsterkenntnisfrage für die kommenden Vorfrühlingstage.
Romina Mossi
mit Danièle Nicolet Widmer und Marianne Principi
Wir informieren Interessierte ein paar Mal jährlich per E-Mail über unser Seminarangebot. Ihr könnt euch hier eintragen:
https://hof-zur-kirschbluete.ch/de/seminare_programmuebersicht.
Die letzten Newsletter von Juni und Oktober 2023 findet ihr
hier.
Die Programmübersicht mit den Angeboten für 2024 findet ihr jeweils hier:
https://hof-zur-kirschbluete.ch/de/seminare_programmuebersicht.
Bevorstehende Termine des Hofs zur Kirschblüte
- Am 22. Februar 2024 beginnen die Online-Meditationen zum Thema "Spirituell-Magisches Träumen", als Vorbereitung für die 3-jährige Ausbildung im "Spirituell-Magischen Träumen" (voraussichtlich ab 2025/2026)
- Im Februar treffen wir uns wieder in der Seminarreihe "Das Allerinnerste – Vom Duft des Ankommens".
zum Thems "Angewiesensein".
- Im März findet wieder ein Kleingruppenseminar statt.
- Ebenfalls im März ist Danièle im Odenwald für ein Seminar mit dem Titel "Ein Geburtsbild für eine neue Erde in Frieden und Liebe".
- Im April 2024 findet wieder aufgrund grosser Nachfrage ein Seminar zum Thema Zärtlichkeit.
- In Kolumbien werden wir wieder im Oktober 2024 sein, in Indien wieder im Dezember 2024, in der Wüste im Frühling 2025.
Dieser Newsletter kann auf der Website des Vereins "Samuel Widmer Nicolets Erbe" (
https://samuel-widmer.org/de/news) kostenlos abonniert werden.
Auf der Website des Vereins findet man ebenfalls alle alten Newsletter mit Texten von Samuel Widmer, sowie Samuels Briefe (auf Deutsch, Englisch und Türkisch) an die Freunde der Bewegung der Selbsterkenntnis.
Die Newsletter findet ihr auch auf der Website der Praxis Hof zur Kirschblute (
https://hof-zur-kirschbluete.ch) und der Kirschblütengemeinschaft
(
https://gemeinschaft-kirschbluete.ch) oder auf dem Facebook-Kanal der Kirschblütengemeinschaft (
https://www.facebook.com/Kirschbluetengemeinschaft).
Aus: Samuel Widmer Nicolet: Zusammen leben - Gemeinschaft und Gemeinschaftsbildung, Basic Editions, 2013
Neue Autoritäten zu schaffen, die uns sagen, was wir zu tun haben und gegen die wir dann rebellieren können, darin waren wir Menschen schon immer gut. Dieses Spiel gehört mit zur Sicherheitssuche und der dahinterstehenden Angst, alles falsch zu machen, das wir so gerne spielen. Aber das Leben ist als Experiment gedacht, wir sollen es riskieren. Es spielt keine Rolle, wenn wir danebenhauen; wir werden nur lernen und wachsen, wenn wir uns getrauen, wenn wir zum Vertrauen des Herzens finden, zur neuen Freiheit.
Das Urvertrauen in die unbewusste Richtigkeit unseres ursprünglichen Seins, in die Beckenkraft haben wir zwar längst verloren, aber der Schritt in ein neues Vertrauen, ein neues Bewusstsein, ins Vertrauen bezüglich der Herzenskraft, die nichts anderes als die erwachsen gewordene sexuelle Urkraft ist, steht uns jederzeit offen. Und wir können getrost voranschreiten. Sofern wir wach, bewusst und verantwortungsvoll vorgehen, sofern wir ernsthaft und ehrlich sind, sobald wir allem unsere Aufmerksamkeit schenken, uns bemühen, alle Aspekte zu verstehen, wie wir es im Gemeinschaftsbildungsprozess gelernt haben, werden wir uns nicht irren, kaum etwas falsch machen. Und wenn, wird sich jeder Irrtum darin schnell wieder korrigieren.
S. 140
In einer völlig freien, echten, konfliktlosen Gemeinschaft, bestehend aus völlig ausgewachsenen, reifen und freien Menschen, würde es keine Hilfsstrukturen mehr brauchen. Jeder könnte einfach tun und lassen, was er will, völlig sich selbst sein und darauf vertrauen, dass er darin geliebt ist. Und selbstverständlich würde er allen anderen das Gleiche gewähren.
S. 159
Denkbar wäre teilen nur, wo man sich vertrauen kann. Es würde bedingen, dass die Mitglieder mehrheitlich im Herzen erwacht sein würden und zumindest ein paar davon bereits vom einen Geist eine Ahnung hätten. Die gleiche Reife, die es also braucht, um überhaupt damit anfangen zu können, ist auch die Reife, die vonnöten ist, damit man einander darin trauen kann.
Wie bei allem in der Gemeinschaftsbildung, kann man solche Dinge auch nicht fordern, nicht organisieren, nicht zwingen. Es muss von selbst kommen, allenfalls angeregt werden durch die Reiferen einer Gemeinschaft, aber vorschreiben kann man es nicht. Selbstorganisation, die Group of all Leaders wird sie schliesslich hervorbringen: die gerechte Welt. Zur nötigen Reife gehört allerdings, dass man die Welt zuerst auch akzeptieren kann, wie sie ist, die Welt und die Menschen lieben kann, da wo sie stehen. So wie für das Verstehen des Inzesttabus Verlassensein und Ausgeschlossensein als
Teilaspekte der Einsamkeit in uns einen Platz finden müssen, so wie Ohnmacht, Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein als andere Teilaspekte der Einsamkeit in uns angenommen sein wollen, um das Besitzdenken zu überwinden, müssen auch Ungerechtigkeit und Hoffnungslosigkeit als
noch schwierigere Aspekte der Einsamkeit integriert sein, um schliesslich vertrauenswürdig und fähig in Bezug auf Gleichheit zu werden. Niemand hat uns versprochen, dass es hier gerecht zugehen werde. Und die Hoffnungslosigkeit bezüglich des Experiments Menschheit zu anerkennen,
war immer schon Vorbedingung, um ihr trotzdem weiterhelfen zu können. Wie wir früher schon verstanden haben, braucht es einen Geist, der Stille gefunden hat, der sich ergeben hat und darin still geworden ist, um die Evolution anzuführen. Gerechtigkeit wird daraus kommen, dass
Ungerechtigkeit kein Problem mehr darstellt, sondern ein Faktum ist für uns. Hoffnung oder vielmehr Zukunft, eine Perspektive für die Menschheit, wird sich darin finden, dass Hoffnungslosigkeit nur noch eine Tatsache ist, mit der umzugehen die
Herausforderung bildet, und nichts, worauf man reagieren, nichts, worüber man enttäuscht sein müsste. Die Gefühle von Verantwortung und Vertrauen erheben sich aus dem leben mit dem, was ist.
S. 180
Aus: Samuel Widmer Nicolet: Im Irrgarten der Lust - Abschied von der Abhängigkeit/ Die Geburt der Freude: Eine Liebesgeschichte, Sachbuch Psychologie, Basic Editions, 3. Auflage 2010
VERTRAUEN - Und noch eine Meditation
Wenn ich mich irgendwo hinlege und mich richtig auf den Boden fallen lasse und realisiere, wo ich wirklich bin, werde ich feststellen, dass ich im Grunde genommen mitten im Universum liege und von ihm getragen werde. Ich liege auf einem Planeten im Universum, in seiner Atmosphäre und werde davon getragen. Ich liege auch auf einem konkreten Fussboden in einem bestimmten Raum, erfüllt mit bestimmten Energien und werde davon getragen. Es ist ein freundliches Universum, wenn ich genau hinschaue. Wenn ich dies alles erkenne, werde ich auch zum Träger dieses Universums, dieses Planeten, dieses Raums, weil ich all dies in mir wahrnehme, in mir trage. Ich bin DAS! Ich bin ein Staubkorn, ein Bewusstseinskorn, getragen vom Universum. Ich bin aber auch das Universum, das trägt. Das ist identisch. Wenn ich mich fallen lassen kann, ist da kein Unterschied.
Wenn ich aber genau in mich hineinschaue, werde ich wohl feststellen, dass da leider ein Unterschied ist: Ich kann mich nämlich nicht ganz fallen lassen. Ich kann mich nicht ganz tragen lassen. Ich kann auch nicht ganz Träger sein. Da ist ein Widerstand, eine Angst, eine Blockade, eine Bewusstseinseinengung, ein Denken, eine körperliche Spannung, ein Gefühl, irgendetwas, das hindert. Ich kann dies wahrnehmen in mir, damit zusammensein auf der Ebene des Gefühls, der Körperlichkeit, der Energie. Ich brauche nichts dagegen zu tun. Ich muss es nur beobachten, damit sein.
Das war meine eine Seite. Ich habe aber auch noch eine andere. Ich bin auch eine ganz konkrete, eingeschränkte Person, mit einem bestimmten Namen, einer bestimmten Form, einer bestimmten Neurose, einer bestimmten Situation. Diese Person ist total festgelegt im Moment. Ich kann mich dem zuwenden. Ich bin auch DAS! Nun besteht da wahrscheinlich wieder ein Widerstand, diese Unausweichlichkeit zu sehen, anzunehmen; wiederum eine Angst, eine Blockade, eine Bewusstseinseinengung, ein Denken, eine körperliche Spannung, ein Gefühl, irgendetwas, was mich hindert, das zu sein. Ich kann auch diese Tatsache wiederum einfach wahrnehmen, beobachten in mir, damit sein. Ich brauche nichts dagegen zu tun, weder auf der Ebene des Gefühls noch auf der Ebene des Körpers noch auf der Ebene der Energie. Diese zweite Seite drückt sich konkret aus. Wenn ich genau hinschaue, erkenne ich, dass der Widerstand, mich fallen zu lassen, mich tragen zu lassen, identisch ist, mit dem Widerstand, mich auszudrücken als konkrete Person. Der Widerstand äussert sich auf der körperlichen Ebene aber auch im Gefühl und auch in der Energie. Wenn ich mich nicht fallenlassen kann, kann ich mich auch nicht ausdrücken. Wenn ich mich nur beschränkt tragen lassen kann, bin ich auch als konkrete, sich ausdrückende Person beschränkt. Wenn ich lerne, mit diesem Widerstand zu sein, ihn zu beobachten, ihm nicht aus dem Weg zu gehen, ihn auch nicht verändern zu wollen, löst er sich mit der Zeit auf, und ich werde frei, mich tragen zu lassen, Vertrauen zu haben, aber auch frei, mich auszudrücken.
S. 198
Hingabe hat viel mit Vertrauen zu tun, das heisst mit der Abwesenheit von Misstrauen. Misstrauen ist abwesend und Vertrauen anwesend, wenn alle Angst in uns aufgelöst ist, Angst nicht geliebt zu werden, Angst, die anderen könnten nicht gut zu uns schauen, wenn wir nicht die Kontrolle behalten. Wenn Misstrauen abwesend ist, sehen wir klar, das heisst, wir sind auch nicht vertrauensselig, sondern wir sehen ganz einfach, wo wir uns fallen lassen können und gehalten sind und wo nicht. Wir sind auch fähig, unsere diesbezüglichen Einsichten auszudrücken. Darum ist es gut, immer wieder genau hinzuschauen, wem wir uns hingeben können und wem nicht und warum nicht, damit wir gemeinsam daran arbeiten können.
S. 201
Aus: Samuel Widmer Nicolet: kirschbaumblütenblätterweiss - Die ganz, ganz neue Geschichte (unter Paul Nicolet), Roman, Basic Editions, 1999
Die neue Geschichte kennt kein Recht, keine Gerichtsbarkeit, keinen Sieg, kein Urteilen übereinander. Keine Macht. Was in ihr geschieht, kann nicht gesühnt werden. Es ist einfach. In ihr geschieht das Richtige nicht durch Drohung, Anpassung, Verbot und Gewalt, sondern durch Einsicht. Vertrauen in die Kraft der Einsicht in jedem einzelnen ersetzt das Rechten in ihr. Gegenseitiges Vertrauen. Und wenn sich doch ein Fehler einschleicht, was immer Platz hat in der neuen Geschichte, leben alle mit seiner Konsequenz, bis sie ausgetragen ist. Wo das verloren geht, entsteht das Recht und die Pflicht. Notdürftig ersetzen sie das Verlorene, dessen Verlust sie nicht wirklich ausgleichen können. Darum bleibt die alte Geschichte immer alt. Und die neue ist für immer jenseits von ihr. Macht ist die alte Geschichte.
Ihr tut, was ihr tun müsst: Ihr folgt dem Recht, welches die Essenz der alten Geschichte ist. Ich tue, was ich tun muss: Ich folge der Liebe, welche die Essenz der neuen Geschichte ist."
S. 332
Aus: Samuel Widmer Nicolet: Celias Garten (unter Paul Nicolet), Roman, Basic Editions, 2006
Vertrauen ist das, was die Atmosphäre prägt. Innigkeit, Stille und Vertrauen. Viel Nähe ist spürbar, keine Hektik, keine Angst, kein Stress. Etwas Natürliches findet statt. Und das Heilige ist mit dabei. Zieht durch den Raum wie ein schwerer Duft.
S. 80
Aus: Samuel Widmer Nicolet: Aus dem innersten Herzen gemeinsamen Seins, Von den Basics bezüglich Gemeinschaftsbildung/ Weitere Briefe an die Gemeinschaft, Basic Editions, 2007
In meinem Leben habe ich mich von Anfang an und dann immer mehr aufs Ganze, auf Gemeinschaft, auf die Liebe eingelassen. Inzwischen bin ich längst da angekommen, wo ich mein ganzes Leben, mein ganzes Sein, alles, was ich bin und habe, dafür einsetze. Im Gegenzug habe ich damit die, wie mir scheint, natürliche Erwartung, so wie die Lilien auf dem Felde und die Vögel unter dem Himmel leben zu können, wie es einer meiner Vorgänger ausgedrückt hat. Da heisst, ich habe immer mehr das auch ganz natürliche Vertrauen, dass das Gemeinsame, dem ich mich voll und ganz zur Verfügung stelle, mich und die meinen auch trägt, für uns sorgt, uns das zur Verfügung stellt, was wir brauchen. Das erwarte ich einerseits ganz unkonkret vom Leben selbst, vom Ganzen, dann aber auch ganz konkret von den Menschen, mit denen ich in Gemeinschaft lebe, für die ich wirke.
S. 170
Aus: Samuel Widmer Nicolet: Die Erneuerung von uns selbst und unserer Welt, Briefe an die Freunde der Bewegung der Selbsterkenntnis, Basic Editions, 2018
Das Gefühl des Ganzen ist Liebe, ist Glück. Kriegt jeder, so viel er auch danach hungert, anteilmässig nur in dem Mass davon, wie er das Ganze in sich drin halten kann? Oft fühlt man sich mit der Liebe allein gelassen und nicht damit getragen. Es scheint der Liebe Los zu sein, mit dem Einmaligen, dem Wunderbaren, dem Besonderen, das sie beinhaltet, allein stehen zu müssen. Ob wir Menschen wohl je einen Ort finden, entdecken oder erschaffen werden, an dem Liebe und Vertrauen die Selbstverständlichkeit sein sowie Angst und Kontrolle, von einem wachen Geist still gehalten, schweigen werden? Etwas anderes als das Normale, als Angst und Kontrolle, zu erwarten, ist die Vermessenheit, der sich die Liebe immer wieder hingibt. Sie hat den Mut, ganz allein gelassen zu sein.
S. 70
Das Wunderbare wäre die Materialisierung einer Welt, geboren aus dem Allerinnersten und seinen Qualitäten statt aus dem Gerangel von Verletzung und Abwehr. Ein Wunder wäre eine kooperative Menschheit, die aus dieser Würde heraus, aus erhabenen Zuständen wie Weisheit, Demut, Losgelöstheit und Vertrauen miteinander koexistiert. Die Vorstellung, dass auch Ehrlichkeit, Integrität, Wahrheit und Brüderlichkeit anstelle von Falschheit, Zerbrochenheit, Lüge und Verrat unter uns regieren könnten und dass wir dies selbst in der Hand haben, ist nicht nur eine umwerfend zauberhafte Vorstellung und eine Herausforderung, die uns in eine immense Verantwortung stellt, sondern leider auch eine letzte Verzweiflung, der sich der Krieger der Selbstkenntnis in seinem Alleinsein zu stellen hat. Denn darin sind wir aufeinander angewiesen, völlig voneinander abhängig: Ohne dich geht es nicht.
S. 276
Aus: Samuel Widmer Nicolet: Perlen auf dem Weg/ Pearls on the Way (zweisprachig, englisch/ deutsch) Weitere Short Cuts to Enlightenment/ Further Short Cuts to Enlightenment, Basic Editions 2005
Geh dorthin, wo du hilflos bist, wo du ohnmächtig bist, lass dich tragen, habe Vertrauen! Wenn es ganz ausgeweitet ist, wenn alles Platz hat, ist die Liebe da. Lass sie zu dir kommen, lass sie da sein! Du hast sie ein Leben lang gesucht, überall, mit allen Mitteln, in den Beziehungen, in der Sexualität, in der Sucht, in der Arbeit. Oft hast du vergessen, dass du sie suchst, dann ist es dir wieder bewusst geworden, doch du hast sie nirgends gefunden. Es gibt sie kaum unter den Menschen. Sie hat keinen Platz in unserem Leben; sie ist zu gefährlich. Es gibt sie nicht in deinem Leben. Und doch können wir ohne sie nicht leben.
S. 50
1)
Aus: Danièle Nicolet Widmer: Was macht, dass du so schön bist? Liebesbriefe an ein aufgebrochenes Herz, Basic Editions 2001, S. 27